Kundgebung zum 69. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki.
Zu unserer diesjährigen Kundgebung versammelten sich an unserem Mahnmal ca. 70 Menschen, um der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zu gedenken. Auch in diesem Jahr war das Mahnmal wieder mit Kranichen geschmückt. Unterstützt wurde die Veranstaltung in diesem Jahr vom Mitsing Ensemble "Hand in Hand", die passend zum Thema die Songs What have they done to the rain?, Traum vom Frieden und Friedenskanon sangen.
Nach dem Auslegen der Blumen und der Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki betonte Herr Bürgermeister Reinhard Limbach als Vertreter der Stadt Bonn die Bedeutung des Eintretens für den Frieden, die sich auch darin äußert, dass Bonn sich den Mayors for Peace angeschlossen hat.
(Bürgermeister Limbach bei seinem Grußwort)
Zum Abschluss der Veranstaltung sprachen als Vertreter der Beueler Friedensinitiative Robert Nicoll und Monique Prange:
Liebe
Friedensfreunde,
wir haben uns
heute hier versammelt, um der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und
Nagasaki vor 69 Jahren zu gedenken. Gleichzeitig ist es uns weiterhin ein
unmittelbares Anliegen, einen Beitrag für eine friedlichere Welt zu leisten.
Leider ist 2014
ein schlechtes Jahr im Kampf um den Frieden. Die Zahl der Brandherde in der
Welt - um nur einige zu nennen: Israel/Palästina, Syrien, Irak usw. - wächst
immer weiter mit allen schrecklichen Folgen, vor allem für die Zivilbevölkerung,
so dass ein Eingehen auf alle ein Abend füllendes Programm wäre. Wir gehen hier
hauptsächlich auf die Krisensituation in der Ukraine ein, weil wir folgende
Einschätzung der „Task Force des European Leadership Network“ teilen:
„Die Task Force
für Kooperation in Europa glaubt, die gegenwärtige Krise stellt ein Risiko für
jeden in Europa dar und bringt möglicherweise nuklear bewaffnete Gegner
gegeneinander auf in einer sehr unberechenbaren Region.“ [1]
Mitglieder in
dieser Task Force sind u. a.:
- Malcolm Rifkind (früherer britischer Außen- und Verteidigungsminister)
- Igor Ivanov (früherer russischer Außenminister)
- Adam Daniel Rotfeld (früherer polnischer Außenminister)
- Volker Rühe (früherer deutscher Verteidigungsminister)
- sowie etliche weitere hochrangige Vertreter verschiedener Staaten. [2]
Während die
Bundesregierung und die Medien mit viel Pomp des Beginns des 1. Weltkriegs vor
100 Jahren gedenken, schüren gleichzeitig die USA, die Bundesregierung, NATO,
EU und an vorderster Stelle die meisten großen Medien wieder antirussische
Ressentiments.
Nirgends mehr
finden sich in der Politik der Bundesregierung Elemente der Willy-Brandtschen
Ostpolitik, die auf Verständigung und Entspannung ausgerichtet war.
Voraussetzung für diese Politik war, dass die Interessenlage der anderen Seite
ernst genommen wurde. Davon ist heute keine Rede mehr. Wir, die wir in den 50er
und 60er Jahren aufgewachsen sind, fühlen uns unvermittelt in den „heißen“
kalten Krieg der 60er Jahre zurückversetzt.
Zum besseren
Verständnis ein Rückblick: Die deutsche Wiedervereinigung wurde nur möglich,
weil die Sowjetunion im Rahmen der 2+4-Verhandlungen dem zugestimmt hat.
„Michail Gorbatschow (damals Generalsekretär der KPdSU) knüpfte die russische
Einwilligung in die NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands an die
Bedingung, dass die NATO gerade nicht noch weiter nach Osten ausgreifen werde.
Führende Repräsentanten des Bündnisses wie James Baker und Hans-Dietrich
Genscher erklärten öffentlich ihre Zustimmung. Damals zählte die Nato 16
Mitglieder. Nach den Erweiterungsschüben 1999, 2004 und 2008 gehören ihr
inzwischen 28 Staaten an, darunter sechs frühere sowjetische Verbündete und
drei ehemalige Sowjetrepubliken.
Allen
Beteuerungen zum Trotz, eine friedliche Zukunft Europas dürfe Russland nicht
ausgrenzen, erlangte das nach Bevölkerung und Territorium immer noch größte
Land des Kontinents nie einen gleichwertigen Platz im Gefüge europäischer
Sicherheit. Mit seinem Einspruch gegen die Entwicklung, die je nach Blickwinkel
Öffnung, Erweiterung oder Expansion der Nato heißt, ist Moskau gescheitert. Um
eine Zusage des Bündnisses, wenigstens nicht über die ehemalige sowjetische
Westgrenze hinaus vorzudringen, bemühte es sich vergebens.“ [3]
Im Rahmen einer
aggressiveren Politik gegenüber Russland sollen nun auch die noch in Büchel
stationierten Atombomben modernisiert werden. Mike Quigley, Mitglied des
Repräsentantenhauses der USA, hat eine Passage in den US-Haushaltsentwurf für
Atomwaffen eingebracht, der vorsieht, dass sich die nuklearen Teilhabestaaten
der NATO stärker als bisher an den finanziellen Kosten der bei ihnen
stationierten Waffen beteiligen sollen - auch an den 10 Mrd. US-Dollar Kosten
für die Modernisierung der bei uns stationierten B-61-Bombe sowie des
Trägerflugzeugs F-35. [4]
Der Verdacht
liegt nahe, dass die Krise in der Ukraine von den USA und interessierten
Kreisen genutzt wird, um den Einflussbereich des Westens zu vergrößern, neue
Kapitalmärkte zu erschließen und Russland einzukreisen und zu schwächen.
Leider setzt
sich auch die EU, immerhin wie der US-Präsident Obama Friedensnobelpreisträger,
nicht konsequent für einen Kurs der Deeskalation ein: Während Russland mit
Sanktionen unter Druck gesetzt wird, wird die Regierung der Ukraine nicht in
gleichem Maße in die Pflicht genommen, Gespräche mit allen Konfliktparteien zu
führen, um die Situation zu entspannen. Und wie in jedem Krieg leiden
Zivilisten am meisten - ob die Zivilbevölkerung in der Ukraine, wo wieder mal
Menschen auf der Flucht sind oder die Opfer des Flugzeugabsturzes von Flug
MH17, die den Überflug über das Kriegsgebiet mit ihrem Leben bezahlt haben.
Die folgende
Meldung vom 30. Juni 2014 zeigt, dass sich die EU in Richtung auf ein
Militärbündnis bewegt: „Weitgehend unbeachtet
von der Öffentlichkeit hat der EU-Rat diese Woche eine so genannte
„Solidaritätsklausel“ angenommen. Der schon 2012 entworfenen Regelung zufolge
ist die EU künftig zum Beistand verpflichtet, wenn ein Mitgliedsstaat in eine
Krise gerät, die aus eigenen Kräften nicht mehr zu bewältigen ist.
Laut
dem Abgeordneten der Linkspartei, Andrej Hunko, der Mitte der Woche auf die
Absegnung des Passus hinwies, schließt das auch militärische Mittel ein
(EU-Mitgliedstaaten beschließen Hilfe bei politischen Krisen und
Terroranschlägen). Die in Artikel 222 der Römischen Verträge definierte
"Solidaritätsklausel" der EU weist damit Parallelen zum Artikel 5 des
Nordatlantikvertrags auf, dem Bündnisfall.“ [5]
Erschreckend ist
auch, dass die meisten unserer Medien ihrer Verpflichtung einer ausgewogenen
Berichterstattung längst nicht mehr gerecht werden, sondern zum Sprachrohr der
aggressiven Politik von USA, NATO und EU geworden sind.
Der britische
Politiker und Friedensaktivist Lord Arthur Ponsonby - bekannt für seinen
Auspruch, dass das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist - formulierte
bereits 1928 in Auswertung des 1. Weltkrieges Strukturelemente der Lügen und
Fälschungen der Medien, die er in folgenden Punkten zusammenfasste:
- „Wir wollen den Krieg nicht.
- Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung.
- Der Führer des Gegners ist ein Teufel.
- Wir kämpfen für eine gute Sache.
- Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen.
- Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich.
- Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.
- Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache.
- Unsere Mission ist heilig.
- Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.“ [6]
Beispiele dafür
sind die Dämonisierung Putins oder das Ignorieren der Tatsache, dass an der
ukrainischen Regierung Faschisten beteiligt sind, mit denen Bundesregierung,
EU, NATO und USA eine Kumpanei eingehen, indem sie bei Gesprächen mit der
ukrainischen Regierung eben nicht auf dem Ausschluss der Faschisten von der
Regierung bestehen. In Kreisen der ukrainischen Regierung erheben einzelne
Stimmen auch schon wieder Forderungen nach einer atomaren Bewaffnung der
Ukraine. Es wird mit zweierlei Maß gemessen - Putin werden zu Recht ein
autoritärer und antidemokratischer Regierungsstil vorgeworfen, aber die
Beteiligung von CIA und anderen westlichen Geheimdiensten an Aktionen in der
Ukraine und deren Zusammenarbeit mit Faschisten wird verschwiegen. Hier soll
offensichtlich wieder das Feindbild vom „bösen Russen“ aufgebaut werden, wie in
den schlimmsten Zeiten des kalten Krieges. Aber die Geschichte lehrt auch, dass
nur eine kluge Politik der Gespräche, Verhandlungen und vertrauensbildenden
Maßnahmen zu Veränderungen führt.
Noch einmal zum
Aufruf der Task Force des European Leadership Network
„In ihrem
zweiten Positionspapier zum Krisenmanagement in Europa im Kontext der
Ereignisse in der Ukraine ruft die Task Force beide Seiten dazu auf:
·
militärische
und politische Zurückhaltung zu üben, auch für alle ihre relevanten Verbündeten
und Partner in Ost- und Südosteuropa. Andere eingefrorene Konflikte in
Georgien, Transnistrien und Armenien- Aserbaidschan existieren. Eine
Eskalation in einem von diesen - eigenmächtig hervorgerufen durch dritte
Parteien - wie im Fall des kürzlichen Absturzes des Fluges MH17, kann die Krise
zwischen Russland und dem Westen vertiefen und ausweiten, auch wenn keine Seite
dies beabsichtigt.
Weiterhin ruft die
Task Force beide Seiten dazu auf:
·
Verstärkung
der Militär- zu Militär-Kommunikation, des Informationsaustauschs und von
Maßnahmen zur Transparenz, um unbeabsichtigte militärische Engagements zwischen
der NATO und Russland zu vermeiden. Es gab schon mehrere Beinahezusammenstöße,
und es sind Anstrengungen notwendig, um ihre Wahrscheinlichkeit zu reduzieren und
um die Zeit für Leitungsentscheidungen auszudehnen, wo sich tausende
Nuklearwaffen auf beiden Seiten auf hoher Alarmstufe befinden.
·
In
Gang Setzung eines direkten Dialogs miteinander in den Angelegenheiten des
NATO-Russland-Rates, nicht zuletzt in Bezug auf fundamental verschiedene
Interpretationen und Auslegungen der in den Abschlussdokumenten von Helsinki
niedergelegten Prinzipien.“ [7]
In Anbetracht
der von Seiten des Westens weiterhin betriebenen Eskalation, u.a. durch
sogenannte Strafsanktionen gegen Russland und das völlige Ignorieren der
aggressiven Politik der teilfaschistischen Regierung in Kiew sowie der
inzwischen existierenden vielen Milizen im Bereich der West- und der
Ostukraine, fordern wir nachdrücklich von der Bundesregierung eine Rückkehr zu
einer Politik, die an das Prinzip der „gemeinsamen Sicherheit“ im gemeinsamen
„Haus Europa“ anknüpft und dem Prinzip „Gemeinsame Sicherheit statt
Konfrontation“ verpflichtet ist.
Dazu gehört auch
der Abzug der in Büchel stationierten Atomwaffen wie auch die Weigerung, die
NATO weiter aufzurüsten.
Mit dem
Bundesausschuss Friedensratschlag fordern wir außerdem:
- Von der Bundesregierung fordern wir eine Politik zur Deeskalation in der Ukraine und zum Abbau der Spannungen mit Russland, z.B. durch den Stopp aller wirtschaftlichen „Strafmaßnahmen“.
- Von den Medien in unserem Land verlangen wir eine sachgerechte Berichterstattung und rhetorische Abrüstung.
- Keine Toleranz gegenüber und keine Zusammenarbeit mit faschistischen Kräften in der Ukraine!
- Die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz unter Einbeziehung der Konfliktparteien könnte eine Vertrauen bildende Maßnahme sein. [8]
[3] Die Krimkrise
und der Wortbruch des Westens. Blätter für deutsche und internationale Politik.
Nr. 4/2014, S. 8
[4] Presseerklärung
der Repräsentantenhauses v. 10.06.2014
[7] http://www.europeanleadershipnetwork.org/crisis-management-in-europe-in-the-context-of-events-in-ukraine_1710.html/ Hier findet sich auch der
Download für das komplette Papier./Übersetzung: R. Nicoll
[8] Bundesausschuss
Friedensratschlag 4. Mai 2014
Weitere Bilder von der Veranstaltung
Bilder vom Netzwerk Friedenskooperative
Bericht des General-Anzeiger Bonn vom 07.08.2014
Die Geschichte unserer Veranstaltungen zum Hiroshima-Tag findet sich hier