Donnerstag, 7. August 2014

Hiroshima-Tag 2014

Kundgebung zum 69. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki.

Zu unserer diesjährigen Kundgebung versammelten sich an unserem Mahnmal ca. 70 Menschen, um der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zu gedenken. Auch in diesem Jahr war das Mahnmal wieder mit Kranichen geschmückt. Unterstützt wurde die Veranstaltung in diesem Jahr vom Mitsing Ensemble "Hand in Hand", die passend zum Thema die Songs What have they done to the rain?, Traum vom Frieden und Friedenskanon sangen.



Nach dem Auslegen der Blumen und der Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki betonte Herr Bürgermeister Reinhard Limbach als Vertreter der Stadt Bonn die Bedeutung des Eintretens für den Frieden, die sich auch darin äußert, dass Bonn sich den Mayors for Peace angeschlossen hat.

(Bürgermeister Limbach bei seinem Grußwort)

Zum Abschluss der Veranstaltung sprachen als Vertreter der Beueler Friedensinitiative Robert Nicoll und Monique Prange:

Liebe Friedensfreunde,
wir haben uns heute hier versammelt, um der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 69 Jahren zu gedenken. Gleichzeitig ist es uns weiterhin ein unmittelbares Anliegen, einen Beitrag für eine friedlichere Welt zu leisten.
Leider ist 2014 ein schlechtes Jahr im Kampf um den Frieden. Die Zahl der Brandherde in der Welt - um nur einige zu nennen: Israel/Palästina, Syrien, Irak usw. - wächst immer weiter mit allen schrecklichen Folgen, vor allem für die Zivilbevölkerung, so dass ein Eingehen auf alle ein Abend füllendes Programm wäre. Wir gehen hier hauptsächlich auf die Krisensituation in der Ukraine ein, weil wir folgende Einschätzung der „Task Force des European Leadership Network“ teilen:
„Die Task Force für Kooperation in Europa glaubt, die gegenwärtige Krise stellt ein Risiko für jeden in Europa dar und bringt möglicherweise nuklear bewaffnete Gegner gegeneinander auf in einer sehr unberechenbaren Region.“ [1]
Mitglieder in dieser Task Force sind u. a.:

  • Malcolm Rifkind (früherer britischer Außen- und Verteidigungsminister)
  • Igor Ivanov (früherer russischer Außenminister)
  • Adam Daniel Rotfeld (früherer polnischer Außenminister)
  • Volker Rühe (früherer deutscher Verteidigungsminister)
  • sowie etliche weitere hochrangige Vertreter verschiedener Staaten. [2]

Während die Bundesregierung und die Medien mit viel Pomp des Beginns des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren gedenken, schüren gleichzeitig die USA, die Bundesregierung, NATO, EU und an vorderster Stelle die meisten großen Medien wieder antirussische Ressentiments.
Nirgends mehr finden sich in der Politik der Bundesregierung Elemente der Willy-Brandtschen Ostpolitik, die auf Verständigung und Entspannung ausgerichtet war. Voraussetzung für diese Politik war, dass die Interessenlage der anderen Seite ernst genommen wurde. Davon ist heute keine Rede mehr. Wir, die wir in den 50er und 60er Jahren aufgewachsen sind, fühlen uns unvermittelt in den „heißen“ kalten Krieg der 60er Jahre zurückversetzt.
Zum besseren Verständnis ein Rückblick: Die deutsche Wiedervereinigung wurde nur möglich, weil die Sowjetunion im Rahmen der 2+4-Verhandlungen dem zugestimmt hat. „Michail Gorbatschow (damals Generalsekretär der KPdSU) knüpfte die russische Einwilligung in die NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands an die Bedingung, dass die NATO gerade nicht noch weiter nach Osten ausgreifen werde. Führende Repräsentanten des Bündnisses wie James Baker und Hans-Dietrich Genscher erklärten öffentlich ihre Zustimmung. Damals zählte die Nato 16 Mitglieder. Nach den Erweiterungsschüben 1999, 2004 und 2008 gehören ihr inzwischen 28 Staaten an, darunter sechs frühere sowjetische Verbündete und drei ehemalige Sowjetrepubliken.
Allen Beteuerungen zum Trotz, eine friedliche Zukunft Europas dürfe Russland nicht ausgrenzen, erlangte das nach Bevölkerung und Territorium immer noch größte Land des Kontinents nie einen gleichwertigen Platz im Gefüge europäischer Sicherheit. Mit seinem Einspruch gegen die Entwicklung, die je nach Blickwinkel Öffnung, Erweiterung oder Expansion der Nato heißt, ist Moskau gescheitert. Um eine Zusage des Bündnisses, wenigstens nicht über die ehemalige sowjetische Westgrenze hinaus vorzudringen, bemühte es sich vergebens.“  [3]
Im Rahmen einer aggressiveren Politik gegenüber Russland sollen nun auch die noch in Büchel stationierten Atombomben modernisiert werden. Mike Quigley, Mitglied des Repräsentantenhauses der USA, hat eine Passage in den US-Haushaltsentwurf für Atomwaffen eingebracht, der vorsieht, dass sich die nuklearen Teilhabestaaten der NATO stärker als bisher an den finanziellen Kosten der bei ihnen stationierten Waffen beteiligen sollen - auch an den 10 Mrd. US-Dollar Kosten für die Modernisierung der bei uns stationierten B-61-Bombe sowie des Trägerflugzeugs F-35. [4]
Der Verdacht liegt nahe, dass die Krise in der Ukraine von den USA und interessierten Kreisen genutzt wird, um den Einflussbereich des Westens zu vergrößern, neue Kapitalmärkte zu erschließen und Russland einzukreisen und zu schwächen.
Leider setzt sich auch die EU, immerhin wie der US-Präsident Obama Friedensnobelpreisträger, nicht konsequent für einen Kurs der Deeskalation ein: Während Russland mit Sanktionen unter Druck gesetzt wird, wird die Regierung der Ukraine nicht in gleichem Maße in die Pflicht genommen, Gespräche mit allen Konfliktparteien zu führen, um die Situation zu entspannen. Und wie in jedem Krieg leiden Zivilisten am meisten - ob die Zivilbevölkerung in der Ukraine, wo wieder mal Menschen auf der Flucht sind oder die Opfer des Flugzeugabsturzes von Flug MH17, die den Überflug über das Kriegsgebiet mit ihrem Leben bezahlt haben.
Die folgende Meldung vom 30. Juni 2014 zeigt, dass sich die EU in Richtung auf ein Militärbündnis bewegt: „Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hat der EU-Rat diese Woche eine so genannte „Solidaritätsklausel“ angenommen. Der schon 2012 entworfenen Regelung zufolge ist die EU künftig zum Beistand verpflichtet, wenn ein Mitgliedsstaat in eine Krise gerät, die aus eigenen Kräften nicht mehr zu bewältigen ist.
Laut dem Abgeordneten der Linkspartei, Andrej Hunko, der Mitte der Woche auf die Absegnung des Passus hinwies, schließt das auch militärische Mittel ein (EU-Mitgliedstaaten beschließen Hilfe bei politischen Krisen und Terroranschlägen). Die in Artikel 222 der Römischen Verträge definierte "Solidaritätsklausel" der EU weist damit Parallelen zum Artikel 5 des Nordatlantikvertrags auf, dem Bündnisfall.“ [5]
Erschreckend ist auch, dass die meisten unserer Medien ihrer Verpflichtung einer ausgewogenen Berichterstattung längst nicht mehr gerecht werden, sondern zum Sprachrohr der aggressiven Politik von USA, NATO und EU geworden sind.
Der britische Politiker und Friedensaktivist Lord Arthur Ponsonby - bekannt für seinen Auspruch, dass das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist - formulierte bereits 1928 in Auswertung des 1. Weltkrieges Strukturelemente der Lügen und Fälschungen der Medien, die er in folgenden Punkten zusammenfasste:

  • „Wir wollen den Krieg nicht.
  • Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung.
  • Der Führer des Gegners ist ein Teufel.
  • Wir kämpfen für eine gute Sache.
  • Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen.
  • Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich.
  • Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.
  • Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache.
  • Unsere Mission ist heilig.
  • Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.“ [6]

Beispiele dafür sind die Dämonisierung Putins oder das Ignorieren der Tatsache, dass an der ukrainischen Regierung Faschisten beteiligt sind, mit denen Bundesregierung, EU, NATO und USA eine Kumpanei eingehen, indem sie bei Gesprächen mit der ukrainischen Regierung eben nicht auf dem Ausschluss der Faschisten von der Regierung bestehen. In Kreisen der ukrainischen Regierung erheben einzelne Stimmen auch schon wieder Forderungen nach einer atomaren Bewaffnung der Ukraine. Es wird mit zweierlei Maß gemessen - Putin werden zu Recht ein autoritärer und antidemokratischer Regierungsstil vorgeworfen, aber die Beteiligung von CIA und anderen westlichen Geheimdiensten an Aktionen in der Ukraine und deren Zusammenarbeit mit Faschisten wird verschwiegen. Hier soll offensichtlich wieder das Feindbild vom „bösen Russen“ aufgebaut werden, wie in den schlimmsten Zeiten des kalten Krieges. Aber die Geschichte lehrt auch, dass nur eine kluge Politik der Gespräche, Verhandlungen und vertrauensbildenden Maßnahmen zu Veränderungen führt.
Noch einmal zum Aufruf der Task Force des European Leadership Network
„In ihrem zweiten Positionspapier zum Krisenmanagement in Europa im Kontext der Ereignisse in der Ukraine ruft die Task Force beide Seiten dazu auf:
·         militärische und politische Zurückhaltung zu üben, auch für alle ihre relevanten Verbündeten und Partner in Ost- und Südosteuropa. Andere eingefrorene Konflikte in Georgien, Transnistrien und Armenien- Aserbaidschan existieren. Eine Eskalation in einem von diesen - eigenmächtig hervorgerufen durch dritte Parteien - wie im Fall des kürzlichen Absturzes des Fluges MH17, kann die Krise zwischen Russland und dem Westen vertiefen und ausweiten, auch wenn keine Seite dies beabsichtigt.
Weiterhin ruft die Task Force beide Seiten dazu auf:
·         Verstärkung der Militär- zu Militär-Kommunikation, des Informationsaustauschs und von Maßnahmen zur Transparenz, um unbeabsichtigte militärische Engagements zwischen der NATO und Russland zu vermeiden. Es gab schon mehrere Beinahezusammenstöße, und es sind Anstrengungen notwendig, um ihre Wahrscheinlichkeit zu reduzieren und um die Zeit für Leitungsentscheidungen auszudehnen, wo sich tausende Nuklearwaffen auf beiden Seiten auf hoher Alarmstufe befinden.
·         In Gang Setzung eines direkten Dialogs miteinander in den Angelegenheiten des NATO-Russland-Rates, nicht zuletzt in Bezug auf fundamental verschiedene Interpretationen und Auslegungen der in den Abschlussdokumenten von Helsinki niedergelegten Prinzipien.“ [7]
In Anbetracht der von Seiten des Westens weiterhin betriebenen Eskalation, u.a. durch sogenannte Strafsanktionen gegen Russland und das völlige Ignorieren der aggressiven Politik der teilfaschistischen Regierung in Kiew sowie der inzwischen existierenden vielen Milizen im Bereich der West- und der Ostukraine, fordern wir nachdrücklich von der Bundesregierung eine Rückkehr zu einer Politik, die an das Prinzip der „gemeinsamen Sicherheit“ im gemeinsamen „Haus Europa“ anknüpft und dem Prinzip „Gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation“ verpflichtet ist.
Dazu gehört auch der Abzug der in Büchel stationierten Atomwaffen wie auch die Weigerung, die NATO weiter aufzurüsten.
Mit dem Bundesausschuss Friedensratschlag fordern wir außerdem:
  • Von der Bundesregierung fordern wir eine Politik zur Deeskalation in der Ukraine und zum Abbau der Spannungen mit Russland, z.B. durch den Stopp aller wirtschaftlichen „Strafmaßnahmen“.
  • Von den Medien in unserem Land verlangen wir eine sachgerechte Berichterstattung und rhetorische Abrüstung.
  • Keine Toleranz gegenüber und keine Zusammenarbeit mit faschistischen Kräften in der Ukraine!
  • Die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz unter Einbeziehung der Konfliktparteien könnte eine Vertrauen bildende Maßnahme sein. [8]


[3] Die Krimkrise und der Wortbruch des Westens. Blätter für deutsche und internationale Politik. Nr. 4/2014, S. 8
[4] Presseerklärung der Repräsentantenhauses v. 10.06.2014
[7] http://www.europeanleadershipnetwork.org/crisis-management-in-europe-in-the-context-of-events-in-ukraine_1710.html/ Hier findet sich auch der Download für das komplette Papier./Übersetzung: R. Nicoll
[8] Bundesausschuss Friedensratschlag 4. Mai 2014
 
Weitere Bilder von der Veranstaltung

Bilder vom Netzwerk Friedenskooperative

Bericht des General-Anzeiger Bonn vom 07.08.2014

Die Geschichte unserer Veranstaltungen zum Hiroshima-Tag findet sich hier